Ö1 Radiodoktor spricht über Bettnässen

Ein Beitrag über Ursachen, Abklärung und Therapieoptionen des Bettnässens mit Experteninterviews.

Expertenmeinungen zum Thema Bettnässen

Prim. Univ.-Doz. Dr. Josef Oswald

„Der Leidensdruck bettnässender Kinder und ihrer Familien steht außer Frage. Aktuelle Studienergebnisse geben uns neue Hinweise auf das Ausmaß der Beeinträchtigung“, sagt Univ.-Doz. Dr. Josef Oswald, Leiter der Abteilung Kinderurologie am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz. „Es zeigt sich, dass durch eine entsprechende Therapie mit der Wirksubstanz Desmopressin auch schulische Leistungen, wie Aufmerksamkeit und auditives Gedächtnis des Kindes, verbessert werden können.

Prim. Univ.-Doz. Dr. Josef OswaldFacharzt für Kinderurologie und Abteilungsvorstand der Kinderurologie, Barmherzige Schwestern, Linz
Dr. Romana Altenhuber

„Das Erreichen der Kontrolle über die Ausscheidungsfunktion ist für alle Eltern ein Meilenstein im Leben ihres Kindes. Umso stressvoller wird es dann manchmal, wenn es nicht klappt und feuchte oder nasse Hosen nach wie vor ein Thema bleiben. Sollten trotz aller Bemühungen die Hosen oder das Bett doch immer wieder einmal nass werden, so gilt auch hier: Nach Möglichkeit ohne Schuldzuweisungen die Ruhe bewahren und rechtzeitig Hilfe suchen, bevor das Thema für die ganze Familie zur Belastung wird, oder das Kind durch das Einnässen sich sozial zurückzieht.“

Dr. Romana AltenhuberFachärztin für Urologie am Wilhelminenspital der Stadt Wien; Kompetenzzentrum für Kinderurologie
Prof. Dr. Helmut Madersbacher

„Informierte werden schneller gesund.“ Das Internet wird immer häufiger zu Hilfe gerufen, gerade wenn es darum geht, Informationen zu Krankheit und Gesundheit zu finden. „Wie geht es anderen Betroffenen“, „was haben die versucht, was wir noch nicht versucht haben“, „was kann ich tun damit mein Kind glücklich ist und wir das Problem in den Griff kriegen“ – gerade bei einer Krankheit wie dem Bettnässen ist anfangs die Hemmschwelle groß, darüber zu sprechen.

Das Internet – und im Speziellen diese Webseite – kommt einem entgegen und so erfährt man, dass die Krankheit nichts ist, wofür man sich schämen muss – auch nicht als Eltern für sein Kind: Fakten zur Krankheit – kompakt aufbereitet. Adressen und Links – die nächste Beratungsstelle ist rasch gefunden, die Kontaktaufnahme zum Spezialisten in nächster Nähe wird erleichtert.

Diese Plattform ist auch für uns Ärzte eine wichtige Anlaufstelle: Vorträge zum Download, Termine und Veranstaltungen, aktuelle Erkenntnisse und Therapiemethoden und nicht zuletzt Kontakt zu den Betroffenen – und hier schließt sich der Kreis.

Prof. Dr. Helmut MadersbacherFacharzt für Urologie und ehem. Leiter der Neuro-Urologischen Ambulanz Landeskrankenhaus – Univ.-Kliniken Innsbruck
Mag. Christian Zniva

Bettnässen als psychisches Problem zu bezeichnen wäre eine zu allgemeine Beschreibung und wird der Vielseitigkeit der Thematik nicht gerecht. Generell kann man sagen, dass eine psychische Verursachung des Einnässens eher die Ausnahme darstellt. Um genauer zu differenzieren müsste man jedoch auf die unterschiedlichen Arten des Einnässens am Tag und des Bettnässens eingehen.

Prinzipiell teile ich die mögliche Verbindung zwischen Einnässen und Psyche in drei Kategorien ein:

  1. Eine psychische Mitverursachung des Einnässens wird vermutet (oft bei sekundärer Symptomatik nach längerer Trockenphase)
    Beispiel: Wiederbeginn des Einnässens bei Schulbeginn oder bei Geburt eines Geschwisterchens
  2. Elterliches Verhalten trägt wesentlich zur Aufrechterhaltung der Einnässsymptomatik bei
    Beispiel: Aufmerksamkeitszuwendung bei Einnässen, Problem-Fokussierung
  3. Einnässen selbst verursacht einen Leidensdruck in der Familie
    Beispiel: Schuld- oder Schamgefühle bei Kind und Eltern

In allen drei Fällen ist eine klinisch-psychologische Beratung zu empfehlen. Das Thema sollte von den Eltern nicht als Tabuthema behandelt werden. Das Einnässen sollte in der Familie als etwas thematisiert werden, an dem niemand Schuld hat. Wichtig ist auch dem Kind zu vermitteln, dass es selbst zu einer Reduktion des Einnässens beitragen kann (z.B. durch Befolgen der Verhaltensempfehlungen). Kinder sollten auch motiviert werden mit engen Vertrauensperson außerhalb der Familie, zum Beispiel mit sehr guten Freunden, über das Thema zu sprechen. Das ermöglicht dann auch die Übernachtung bei Freunden und andere Aktivitäten, an denen die Kinder gerne teilnehmen wollen.

Mag. Christian ZnivaPsychologe am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern, Linz